Samstag, 19. Dezember 2009

Wie viel ist sinnvoll?

Als Vater muss ich mich nun auch mit dem Medienkonsum meiner eigenen Kinder auseinandersetzen. Was mich immer wieder beschäftigt, ist die Frage, wie viel sinnvoll ist. Auf der einen Seite existiert die Meinung, dass Bildschirmmedienkonsum schädlich sei und auf der anderen Seite, dass der möglichst frühe Umgang mit neuen Medien, die Kinder fit für die zukünftige Gesellschaft mache, in der sie leben werden. Ich möchte die beiden Seiten genauer ausführen.

Bildschirmmedienkonsum sei schädlich
Der wohl berühmteste Verfechter dieser These ist Dr. Dr. Manfred Spitzer, der als ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm, auch an der Funktionsweise des Gehirns forscht. An Vorträgen erklärt er, wie das Gehirn funktioniert und zieht daraus Schlüsse, dass früher Bildschirmmedienkonsum schädlich sei. Dazu kann er diverse Studien zitieren. Von der anderen Seite wird ihm vorgeworfen, dass er Korrelation und Kausalität verwechsle. Dies stimmt auch. Wenn eine Studie zeigt, dass viel Fernsehkonsum in den ersten Lebensjahren mit Übergewicht und weniger Hochschulabschlüssen korreliert, heisst das noch lange nicht, dass es wegen dem Fernsehkonsum dazu kommt – wie soll man das auch beweisen. Wenn man aber an einem ganzen Abend eine Studie nach der anderen zitiert bekommt, die in die gleiche Richtung stösst, macht das nachdenklich, auch wenn man weiss, dass Manfred Spitzer ja wahrscheinlich nur die Studien zitiert, die seine These stützen. Wenn man bei Google nach Manfred Spitzer sucht, findet man viele Rezensionen und Originalinterviews. Oder einen Film ...



Umgang mit neuen Medien macht die Kinder fit für die neue Gesellschaft
Auf der anderen Seite sprechen viele davon, dass wir am Anfang eines neuen Zeitalters stehen. Die Umwälzungen in vielen Berufen oder auch im Freizeitverhalten, die sogar wir „digital Immigrants“ als schnell und riesig erleben, sprechen dafür und sind wohl ähnlich zu denjenigen anfangs der Industrialisierung. Daher auch die Forderung, dass wir unsere Kinder fit für dieses zukünftige Zeitalter machen sollen. Als Beispiel dazu der Link zu Martins Vortrag.

Und nun?
Unsere Kinder (1. Klasse und erster Kindergarten)schauen sehr wenig fern und waren noch weniger am Computer. Im Moment sind wir der Meinung, dass die wichtigen Schlüssel-Kompetenzen noch ohne neue Medien vermittelt werden können. Es gibt einen Artikel vom Fachbereichsleiter Medienbildung der PHZH, der mir in dem Zusammenhang gefällt.

Die Frage bleibt aber, wann dann der richtige Zeitpunkt für wie viel neue Medien ist. Ich hatte einen Schüler an der Oberstufe, der nur jedes Wochenende einen Film schauen durfte. Er konnte vom französischen Kanal einen auswählen, damit er gleichzeitig auch noch Französisch lernt. Es ist wohl unnötig zu erklären, dass er der totale Aussenseiter in der Klasse war.

Aber auch ein Elterngespräch mit der Mutter von einem sehr schwierigen Schüler kommt mir in den Sinn. Sie weinte und meinte, dass sie nur das Beste für ihren Sohn wollte. Mit ihrer antiautoritären Erziehung war sie wohl eine der wenigen, die sich stark mit Erziehung auseinandergesetzt hat – nur hatte sie in ihrem Fall auf das falsche Pferd gesetzt…

Ich hoffe, dass ich später nie bereue, dass wir unsere Kinder nicht früher an die neuen Medien herangeführt haben. Ausserdem erhoffe ich mir von diesem Kurs und auch von den Diskussionen unter den Kursteilnehmern neue Erkenntnisse und Erfahrungen zum Thema neue Medien, neues Zeitalter, neue Kompetenzen oder (und damit zurück zum Titel) „Wie viel ist sinnvoll?

3 Kommentare:

Katrin Sutter hat gesagt…

wie viel ist sinnvoll... wie oft ich mir diese frage schon gestellt habe... vor der geburt der kinder war für uns klar 'kein tv'!! das haben wir aber bald revidiert. meine kinder, 6 und 2 schauen bei ihrem grossvater, der sie etwa 2 mal pro woche betreut, dvds. zu hause wurde es auch immer etwas mehr mit dem konsum. (nur dvds, kein tv). Nachdem die zweijährige rausgefunden hat, wie man eine dvd reinschiebt und zum laufen bringt (mit zwei verschiedenen fernbedienungen) haben wir den fernseher wieder auf den estrich gestellt... natürlich gibts da immer noch die computer, auf denen man pingu mittels youtube schauen kann, oder eine dvd abspielen kann. aber ich bin froh, ist das im moment zuhause kein thema mehr.
ABER: EINER MEINER GESCDHAEFTSPARTNER wuchs vor dem TV auf... Migrationshintergrund, drei Fernseher für die vierköpfige Familie. Und er ist trotzdem ein äusserst kreativer Mensch, vertraut zwar voll der Werbung :-) aber hat trotz exzessiven TV-Konsum die Berufsmatur gemacht, und ist heute ein wirklich kreativer Art-Director/Grafiker/Editor/Musiker.
Und ja, da mein mann und ich beide viel von zu Hause arbeiten, war 'computer' eines der ersten wörter meiner kinder..

Christian K. hat gesagt…

Beruhigt mich, wenn es anderen auch so geht. Wahrscheinlich ist es gut, wenn man sich überhaupt Gedanken macht und seine Regeln dauernd überdenkt und an die Situation anpasst.

Dass man trotz massivem Fernsehkonsums zu einem kreativen Menschen werden kann, habe ich nie bezweifelt. Dies bedeutet ja aber auch nicht, dass es eine Voraussetzung ist, um kreativ zu werden...

Auch ich arbeite abends oder am Wochenende von zuhause. Eines der ersten Wörter meiner Tochter war "Läptoptäscha", aber vielleicht auch darum, weil die Katze jeweils hineingesessen ist, wenn ich vergessen habe, sie zu schliessen ;-)

Prof. Martin Hofmann hat gesagt…

Hallo Christian

Ein toller und ausgewogener Artikel zur Frage "Wie viel Medienkonsum ist sinnvoll?" Ich denke, dass diese wichtige Frage letztlich jede Familie für sich selber beantworten muss. Die Bildung hat hingegen dafür zu sorgen, dass heute alle Kinder und Jugendliche sich medienpädagogische Kompetenzen aneignen können, damit morgen keine "Digitalen Analphabethen" unsere Schulen verlassen. Die vielleicht wichtigste Kompetenz ist zu wissen, wann ich den Stecker ziehen muss :-)